Verwirrt starrt ihr den Wachleuten entgegen, doch bevor ihr noch irgendetwas sagen könnt, seid ihr bereits von den Gardisten umzingelt.
„Seht euch vor, sie haben die Leibwächter der Gräfin getötet“, erklingt es dann wieder von der Tür, in der wohl der Anführer des Trupps zu sehen ist, wie ihr anhand seiner Abzeichen vermutet.
„Zeugen haben die Gräfin schreien gehört“, fährt der Mann fort, „das bedeutet, dass sie hier entweder noch irgendwo gefangen gehalten wird, oder viel wahrscheinlicher bereits von einigen Komplizen vom Anwesen geführt wurde. Zwei von Euch durchsuchen das Haus, der Rest nimmt diesen Abschaum hier in Gewahrsam.“
Augenblicklich verschwinden zwei Gardisten in den umliegenden Räumen, während euch Andere die Waffen abnehmen. Ihr habt dann schließlich wieder ein wenig an Fassung gewonnen und wollt gerade gegen diese Behandlung protestieren, doch kommt euch der Truppführer zuvor und bringt euch mit einer knappen Geste zum schweigen.
„Aus, kein Wort, ich will nichts hören. Ihr habt dies von Anfang an geplant, nicht wahr? Zu dumm, dass euer Plan nicht zu Gänze aufgegangen ist.“
Als ihr euch gerade fragt, ob denn die Welt nun vollkommen im Wahnsinn versinkt, taucht auf einmal Irina neben dem wachhabenden Offizier auf und wirft euch einen kurzen, amüsierten Blick zu, bevor sie mit großen Augen schutzbedürftig zu dem Mann aufsieht.
„Ja, genau das sind sie! Irina hatte ja solche Angst, Irina hat sie nämlich belauscht und alles mitgehört. Irina hat auch gesehen, wie sie einen Zettel eingesteckt haben, da waren wahrscheinlich Anweisungen drauf. Der da, der Große war’s.“
Mit diesen Worten deutet die junge Wahrsagerin auf Denjenigen, an den sie sich nach eurem Scharmützel mit den Adeligen vor der Tür geklammert hat. Einer der Gardisten tritt daraufhin zu ihm und zieht tatsächlich einen kleinen Brief aus dessen Gürtel, den er sofort an seinen Offizier übergibt. Dieser wiederum überfliegt kurz die Zeilen und nickt dann zufrieden.
„Ah ja, hier steht es noch einmal schwarz auf weiß. Anweisungen zur Ermordung der Gräfin Vintersljied und Sicherstellung des Familienschatzes, des Herz des Winters. Damit wäre der Fall wohl restlos aufgeklärt.“
Wutentbrannt starrt ihr Irina an, die euch hinter dem Rücken des Wachoffiziers fröhlich zuwinkt, nur um dann sofort wieder überaus hilflos auszusehen, als der Mann erneut zu ihr blickt.
„Ja, ja, Irina findet auch, dass das alles geklärt ist. Nehmt ihr die bösen Leute nun mit? Irina hatte solche Angst, seht nur, Irinas Herz schlägt immer noch ganz heftig.“
Bei diesen Worten legt die junge Frau die Hände auf ihre Brust nur um wie zufällig dabei die obersten Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen. Der Wachoffizier schluckt sichtlich kurz, bevor er rasch nickt, sich leicht räuspert und dann wieder zu seinen Männern sieht.
„Das genügt, wir haben die Herrschaften hier lange genug aufgehalten. Schafft diese Verräter hier raus und bringt sie zum Kerker, sollen sie dort in den Zellen erstmal ausharren, bis sich der Magistrat ihrer annimmt.“
Einen kurzen Moment lang zögert ihr und erwägt diesen Dummköpfen zu zeigen, mit wem sie sich hier einlassen. Rasch erkennt ihr aber ebenso, dass ein Kampf hier auf diesem engen Raum zu einem Gemetzel ausarten würde und darüber hinaus wohl auch mehrere unschuldige Gäste verletzen würde. Stumm wechselt ihr einige Blicke und als euch die Gardisten dann mit den stumpfen Enden ihrer Lanzen anstoßen, setzt ihr euch schließlich wortlos in Bewegung. Ohne die gaffenden Gesichter der Umstehenden mit eurer Aufmerksamkeit zu würdigen verlasst ihr das Anwesen und seht euch nur kurz noch einmal um, als ihr in die Dunkelheit hinaus geht. Irina steht in der großen Doppeltür und blickt euch freudig winkend hinterher, noch kurz die Zunge herausstreckend, bevor sie wieder ins Haus geht und damit euren Blicken entschwindet.
Der Schnee knirscht unter euren Füßen, als ihr umringt von den Gardisten durch die verschneiten Straßen von Tiefenfels geht. Es ist mittlerweile kurz vor Mitternacht und die eisige Kälte hat wohl auch ihren Anteil daran, dass euch keine Menschenseele über den Weg läuft. Seit ihr das Anwesen hinter euch gelassen habt, habt ihr stets Blicke gewechselt, Handzeichen ausgetauscht und die Umgebung beobachtet. Ihr habt lange genug Seite an Seite gekämpft um euch auch wortlos verständigen zu können und bald schon ist jedem Einzelnen klar, was zu tun ist. Die Gardisten hier tun nur ihre Arbeit und auch wenn ihr es hier offensichtlich mit Narren zu tun habt, wollt ihr ihnen kein Leid zufügen. Die Gassen, durch die ihr euch bisher bewegt habt, sind eng und jede Menge Gerümpel ist in ihnen zu finden, welches bei einer Flucht als Ablenkung oder Blockade benutzt werden kann. Zu guter Letzt haben auch die meisten Hausbesitzer verabsäumt, ihre Dächer von den Schneemassen zu säubern, so dass ein paar gut gezielte magische Geschosse hier wohl zur einer kleinen, aber effektiven Lawine führen können. Als dann schließlich eure Bewacher kurz an einer Kreuzung halt machen, nützt ihr diese Gelegenheit und schlagt wie auf ein Zeichen los. Die Gardisten bemerken nicht einmal, was sie erwischt hat, da habt ihr ihnen bereits eure Waffen entrissen und die Meisten von ihnen so sanft wie möglich zu Boden geschickt. Als die Männer sich dann letztendlich gesammelt haben und unter hektischem Zurufen die Verfolgung aufnehmen, seid ihr bereits mehrere Gassen weiter und auf dem direkten Weg zurück zum Anwesen des Barons unterwegs, um die Unterhaltung mit eurer alten Bekannten auf eure Weise fortzusetzen.
Mehrere Fässer sind an den Wänden der Gasse vertäut. Falls ihr die Seile durchtrennen könntet, würden sie eure Verfolger aufhalten, allerdings müsst ihr das im Laufen erledigen, die Stadtwache ist sehr nah!
Ein großer Wagen steht mitten auf der Straße, seine Räder komplett vereist. Wenn ihr es schafft, ihn zu bewegen, könnte er eure Verfolger eine Weile aufhalten.
Eine enorme Menge Schnee türmt sich auf den Dächern um euch. Damit könntet ihr eure Verfolger endgültig abschütteln, ihr solltet ihn nur nicht schmelzen ...
Schnee stäubt in alle Richtungen als ihr die Dachlawine auslöst und dadurch zumindest für den Moment eure Verfolger von euch abschneidet. Rasch teilt ihr eure Bewaffnung wieder richtig auf und durchquert dann hurtig die restlichen Gassen, bis ihr schließlich erneut vor dem großen Anwesen steht. Bereits als ihr euch der Tür nähert spürt ihr, dass Alianaah begonnen hat, ihren Plan – was immer der nun auch wirklich sein mag – in die Tat umzusetzen, denn das gesamte Haus ist nun von einer Schicht aus dickem Frost überzogen. Als ihr dann die Tür öffnet und eintretet ist euch, als würdet ihr erneut einen Fuß in den Palast in der Eiswüste setzen, denn sämtliche Einrichtungsgegenstände sind zu Eis erstarrt und die unzähligen Eisskulpturen scheinen nicht nur zufällig täuschend menschenähnlich auszusehen. Entschlossen packt ihr eure Waffen fester und macht euch ins Innere des Gebäudes auf, um ein für alle Mal mit der Schneekönigin abzurechnen.