Da nun endlich wieder Ruhe eingekehrt ist, nehmt ihr euch kurz die Zeit um den tatsächlichen Schaden an dem Geschäft zu begutachten und stellt dann fest, dass sein Besitzer wohl Glück gehabt hat. Entweder waren die beteiligten Damen noch nicht lange dabei sich zu beflegeln, oder sie haben sich zu Beginn ihres Streits auf Worte und nicht auf Wurfgeschoße verlegt. Während ihr euch gerade einige der ausgestellten Stücke genauer anseht, tritt dann Alyssa zu euch, einen triumphierenden Ausdruck auf ihrem Gesicht, in den Händen ein großes Paket.
„So, ich habe alles eingepackt, das wäre erledigt. Dann lasst mich euch noch einmal begrüßen, gerade eben war das ja ein wenig … hektisch. Aber, sagt, was führt euch eigentlich hierher?“
Knapp umreißt ihr die Ereignisse der letzten Tage sowie der letzten Stunden und reicht ihr dann auch noch einmal den Brief, den euch Valken geschickt hat. Die junge Halbelfe überfliegt ihn kurz, nickt dann und reicht ihn wieder an euch zurück.
„Stimmt, ich erinnere mich. Er hat davon gesprochen, dass es nur gerecht wäre, euch in diesem Ausmaß zu beteiligen, immerhin habt ihr ihm und auch mir mehr als nur einmal das Leben gerettet. Es geht ihm auch schon wirklich besser, wisst ihr? Valken hat sich in Tiefenfels wirklich gut erholt, wir sind alle sehr erstaunt und froh, dass seine Genesung so rasch voran geschritten ist.“
Die Erleichterung in ihrem Gesicht ist nicht zu übersehen und ihr könnt nur erahnen, wie groß die Sorgen wirklich waren, die Alyssa in Bezug auf den jungen Mann hatte.
„Wie dem auch sei“, fährt sie dann fort und sieht sich einmal kurz um, „ich bin hier an sich fertig. Was meint ihr, begleitet ihr mich ein Stück? Ich muss noch zur Universität, wisst ihr, ich verlege gerade meinen Studienplatz nach Tiefenfels, ich habe dort ein eigenes kleines Institut erhalten, welches mir Valken von dem Gewinn-“
„Ja, Valken, so war der Name!“
Ihr hattet beinahe vergessen, dass Irina mit euch das Geschäft betreten hatte und nach dem Streitgespräch mit den jungen Adeligen hattet ihr auch nicht mehr auf sie geachtet. Nun jedoch tritt die junge Wahrsagerin wieder an euch heran, in jeder Hand ein Kleid haltend, welche euch auch mit dem neugewonnenen Reichtum ein wenig zu kostspielig erscheinen.
„Was meint ihr, welches steht Irina besser, mh? Dieses hier? Oder doch das? Was würde wohl ihm besser gefallen? Oh … und wer ist sie?“
Mit einem unschuldigen und beinahe unbeteiligten Gesichtsausdruck deutet die junge Frau fast beiläufig auf die Halbelfe, die sie im ersten Moment nur fassungslos ansieht, bevor sich ein Funkeln in ihrem Blick bemerkbar macht, welches ihr nur allzu gut kennt.
„Mir stellt sich hier eher die Frage, wer du bist, kleines … Fräulein … und was du mit … Valken zu tun hast.“
Kurz mustert die Wahrsagerin ihr Gegenüber, bevor sie sich dann zu einem großen Spiegel neben ihr wendet und sich abwechselnd mit einem der Kleider betrachtet.
„Irina ist Irina“, antwortet sie dann schließlich beinahe desinteressiert, „und Irina kennt Valken von einem gemeinsamen Erlebnis in Tiefenfels. Leider haben sie viel zu wenig Zeit mit einander verbringen können, aber Irina hat versprochen, dass sie sich wiedersehen werden. Wieso? Was kümmert dich das? Bist du etwa seine Frau, oder etwas in der Art?“
Ein leichtes, beinahe hämisches Lächeln umspielt ihre Lippen bei den letzten Worten und der aus den Augenwinkeln zu Alyssa geworfene Blick lässt euch für einen Moment einen Kloß im Hals spüren. Die Halbelfe ihrerseits blinzelt nur kurz, bevor sie langsam auf die Irina zugeht, sie von oben bis unten mustert und sich dann ein wenig zu ihr vorbeugt.
„Ich bin eine gute … Freundin … und als Solche kümmert es mich sehr wohl, wer sich mit ihm … herumtreibt.“
Irina hat sich in der Zwischenzeit ein weiteres Kleid geschnappt und posiert ungerührt weiter damit vor dem Spiegel, kurz nur wieder einen Seitenblick zu Alyssa werfend, bevor sie leise theatralisch seufzt und den Kopf schüttelt.
„Ja, ja, Irina kennt so was schon. Irina ist davon aber nicht sonderlich beeindruckt. So eine alte Schabracke ist ohnehin nicht ernst zu nehmen. Ach, DAS hier gefällt Irina, würdet ihr es ihr kaufen?“
Die letzten Worte an euch gerichtet zeigt sich wieder ein herzerwärmendes Lächeln auf den Lippen der Wahrsagerin, während die Halbelfe neben ihr sie nur fassungslos ansieht. Mehrmals zuckt eine ihrer Brauen, bevor die Starre von ihr abfällt, sie die Hände in die Hüften stemmt und mit hochrotem Kopf Irina anfaucht.
„W-w-w-wie, was, wiederhol’ das noch mal!? Alte Schabracke? Ich? Ich bin wohl gerade einmal ein oder zwei Jahre älter als du und überhaupt … was … du kleines…“
Ein Wimmern neben euch lässt euch kurz zur Seite sehen, wo ihr den Verkäufer entdeckt, der nun tatsächlich mit Tränen in den Augen zu Alyssa und Irina sieht. Ihr könnt nur zu gut erahnen, was der gute Mann voraussieht und so lasst ihr ein kollektives Seufzen hören und tretet dann vor, sowohl die Wahrsagerin als auch die Halbelfe sanft aber bestimmt aus dem Laden auf die Straße schiebend.
Tief durchatmend führt ihr Alyssa auf der Straße noch einige Schritte weiter, die kochend vor Wut der Wahrsagerin noch einige giftige Blicke schenkt, bevor sie den Kopf herumwirft und abschätzig die Nase rümpft.
„Hmpf, ich habe keine Zeit für so etwas! Ich muss noch jede Menge Sachen zusammen packen. Also, kommt ihr jetzt mit, oder was?“
Irgendwie beschleicht euch das Gefühl, dass es vielleicht keine gute Idee war, gerade eben dazwischen zu gehen, doch bevor ihr noch etwas sagen könnt, hat sich Alyssa schon auf den Weg gemacht, den Nächststehenden einfach mitschleifend.
„Irina findet, wir sollten mitgehen, das wird sicher lustig!“
Mit zufriedenem Gesicht immer noch das Kleid in Händen haltend, welches sie eures Wissens nach nicht bezahlt hat, spaziert die Wahrsagerin der Halbelfe hinterher und Schlimmes befürchtend, folgt ihr den Beiden auf dem Fuß.
Alyssa spricht kein Wort, während ihr euch auf dem Weg zur Universität befindet und so manche von euch würden schwören, dass ihre schlechte Laune tatsächlich wie eine sichtbare Wolke über ihr schwebt. Irina strahlt derweil wieder einmal pure Freude in die Welt um sich, auch wenn ihr nicht sicher seid, ob dies nicht nur alles eine gut gespielte Charade ist. Bevor ihr euch darüber jedoch mehr den Kopf zerbrechen könnt, reißt euch eine gewaltige Explosion aus den Gedanken und kurz darauf schlägt euch ein heißer Luftstoß entgegen. Ihr verliert keinen Augenblick und hastet sofort los, nur um euch kurz darauf am hinteren Bereich der Universität wieder zu finden, dessen abschließende Mauer ein gewaltiges Loch aufweist. Dies wäre an sich schon mehr als außergewöhnlich, jedoch wird eure volle Aufmerksamkeit von einem Feuerelementar solcher Größe eingenommen, wie ihr es noch nie gesehen habt.
„Bei Akbeth, Fräulein Rivil, welch ein Glück, bitte, bitte helft uns!“, ertönt es dann neben euch und kurz darauf erscheinen einige abgerissen aussehende Männer, die allesamt leichte Brandwunden aufweisen.
„Bitte, ihr müsst uns helfen“, fährt dann einer von ihnen fort, nachdem sie einen Moment inne gehalten haben um zu verschnaufen, „irgendetwas ist … schief gelaufen. Der Ritualkreis wurde durchbrochen und die Sicherungskristalle waren wohl nicht vorschriftsmäßig aufgeladen. Wir müssen sie irgendwie mit Magie versorgen, wenn sich dieses Ding endgültig losreißt wird es die ganze Stadt in Schutt und Asche legen, bitte, ihr müsst uns helfen!“
Alyssa muss euch gar nicht ansehen, da tretet ihr bereits mit hängenden Köpfen vor und legt die Hände an eure Waffen. Die junge Halbelfe nickt daraufhin nur knapp und deutet zu zwei Kristallen, die neben dem Elementar in zwei Eisengeflechten am Boden stehen.
„Wenn sie mit genug arkaner Energie aufgeladen sind werden sie ein Schutzfeld errichten, aus dem das Ding nicht entfliehen kann. Im Normalfall würde man wahrscheinlich irgendwelche Rituale benutzen, um sie mit der nötigen Kraft auszustatten, aber ich kenne mich damit nicht wirklich aus. Ich hab’ aber gehört, dass viele dieser Kristalle sich auch mit arkaner Energie speisen können, die sich in ihrer direkten Nähe befindet, das heißt, sie laden sich auch selbst an Zaubern auf.“
Fragend sieht sie bei ihren letzten Worten zu den Forschern neben ihr, die nur bekräftigend nicken, worauf sie sich wieder an euch wirkt.
„Ich helfe den Männern hier und passe auf, dass nicht noch irgendetwas … schief geht. Ihr versucht am besten einfach die Kristalle aufzuladen … gegen das Ding da kämpfen … nun … das würde ich wohl eher lassen.“
Wie um ihre Worte zu unterstreichen jagt ein gewaltiger Feuerball über eure Köpfe hinweg und trifft das Haus hinter euch. Noch einmal durchatmend beschließt ihr das Schicksal später zu verfluchen und beginnt damit, die Sicherheitsmechanismen wieder in Kraft zu setzen.
Als der letzte Kristall in voller Kraft erstrahlt, ertönt nur ein ohrenbetäubendes Brüllen von dem Elementar, bevor es von einem bläulich schimmernden Energiefeld umgeben wird. Wütend schleudert das Wesen weitere Feuerbälle, doch nicht einer kann die Barriere durchdringen und so könnt ihr euch schließlich wieder entspannen.
„Na, das war aufregend“, lässt sich eine vergnügte Stimme neben euch vernehmen und mit aller Macht müsst ihr dem Drang widerstehen, Irina einen der herumliegenden Mauersteine an den Kopf zu werfen.
„Tja, das wäre dann wohl geschafft“, spricht euch dann Alyssa an, sich ihre Hände abklopfend zu euch tretend.
„Wie es aussieht, werden die meisten Hilfskräfte nun erst einmal damit beschäftigt sein, das Loch dort zu flicken, was bedeutet, dass ich meine Sachen erst morgen früh bekomme. Was meint ihr, wollen wir nach dem Schreck hier erst einmal etwas trinken gehen? Ich bezahl’ auch.“
Nach dem Erhalt des Briefs ist das wohl die erste wirklich gute Nachricht an diesem Tag und so stimmt ihr augenblicklich zu. Einfach nur in Ruhe ein paar Gläschen trinken, das wird euch nun richtig gut tun!