Das Erlebnis mit dem Feuerelementar hat mehr Zeit in Anspruch genommen, als ihr gedacht hattet und so ist es bereits dunkel, als ihr schließlich euer Ziel erreicht. Mag es der Umstand sein, dass ihr den Weg erst ein Mal zurück gelegt habt, oder auch die Finsternis, die euch erst sehr spät bemerken ließ, wohin ihr euch überhaupt bewegt, letztendlich könnt ihr nicht mehr protestieren, als Alyssa auf die Tür zu Gottfrieds Kneipe deutet.
„Hier, hat vielleicht nicht das beste Bier in Rabenfurth oder die saubersten Tische, aber ich will mir gerade keine großartigen Gedanken über das richtige Etablissement machen und hier war ich schon so oft, dass ich den Weg im Schlaf finde. Ihr wart ja auch schon mal da, also lasst die langen Gesichter und kommt mit, so schlimm wird’s schon nicht sein.“
Wie zu erwarten war, ist es dann noch schlimmer, wie ihr an den insgesamt fünf geworfenen Flaschen entnehmen könnt, denen ihr ausweichen müsst, um überhaupt bis zur Theke zu gelangen, hinter der Gottfried gerade wieder seine Donnerbüchse lädt.
„Verfluchte Mistkerle! Ich habe gerade neue Tische bestellt und die Bühne für die Musiker ist frisch gebohnert! Ich schwöre euch, wenn auch nur … hey, verdammt, keine Feuerwerkskörper im Haus!“
Fluchend wirft der Wirt einen leeren Bierhumpen in die ungefähre Richtung des Gastes, der gerade seinen Missmut erregt hat, bevor er kurz stutzt und sich zu euch wendet. Während ihr mit einer Mischung aus amüsiertem Interesse und dunkler Vorahnung den Trubel im Schankraum beobachtet, zwängt sich Alyssa dann zwischen euch durch und winkt Gottfried zu sich.
„Gottfried, meine Güte, was ist denn hier los? Das ist ja sogar für deine Verhältnisse … lebhaft.“
Der Wirt nickt nur knapp und geht dann ebenso wie die Halbelfe in Deckung, als ein nicht näher zu erkennendes Objekt in ihre Richtung geflogen kommt, bevor er wieder leise flucht und sich erneut Alyssa zuwendet.
„Ja, hier läuft gerade alles schief. Das hätte der perfekte Abend werden sollen, eine große Gesellschaft hat reserviert und ich habe extra die besten Musiker und neue … reizende Kostüme für meine Bedienerinnen bestellt, du weißt schon, was ich meine.“
Ein kurzes Grinsen seinerseits weicht sofort wieder einem erzürnten Ausruf, als ein Stuhl an der Wand zerschellt und knurrend greift Gottfried in die Kiste mit Schrotkugeln neben sich, bevor er fortfährt.
„Na, wie dem auch sei, dann ging es aber den Bach runter. Zuerst wird mein Koch krank, dann werden die Musiker verhaftet, weil sie wohl in irgendwelche Schmuggelgeschäfte verwickelt sind und auch wenn ich zumindest die schicken Kleidchen habe, so haben meine Mädchen ausgerechnet heute beschlossen, allesamt nicht zur Arbeit zu erscheinen. Jetzt habe ich hier einen Haufen übellauniger Kerasi und wenn nicht bald etwas geschieht, dann wird das hier noch sehr bald sehr übel enden. Mein Problem ist, wo bekomme ich jetzt auf einmal … Moment …“
Ein Funkeln tritt in die Augen des Wirts und die dunkle Vorahnung weicht einem mehr als mulmigen Gefühl als er euch alle mit wachem Blick genau taxiert, nur um dann zu nicken und augenblicklich Anweisungen zu verteilen.
„Alles klar, IHR macht das! Es kann doch sicher irgendjemand von euch kochen, oder? Der eine oder andere wird auch ein Instrument beherrschen und vielleicht findet sich auch einer dieser Possenreißer unter euch? Von mir aus erzählt auch irgendeine lustige Geschichte oder mischt ihnen Kräuter in die Getränke, MIR ist das egal, aber tut was!“
Mit diesen Worten wendet er sich an Alyssa und Irina, welche wieder einmal aus dem Nichts aufgetaucht ist und kramt unter dem Tresen zwei Bündel mit Kleidungsstücken hervor, die bereits auf den ersten Blick aus auffallend wenig Stoff bestehen.
„Ihr zwei, ihr zieht das an und dann kümmert ihr euch um die Gäste, ihr habt die richtige Figur dafür. Wenn bei euren Begleitern ein Mädel dabei ist, dem das auch passt, dann soll mir das nur recht sein, aber in jedem Fall brauche ich euch zwei!“
Ihr habt Glück, dass gerade keine Flaschen in eure Richtung geworfen werden, da ihr alle viel zu perplex seid, um euch auch nur annährend zu rühren. Den Koch spielen? Die Gäste unterhalten? Ihr? Nun, wenn ihr es recht überlegt, das ist in jedem Fall besser als zu kämpfen und wäre sicher eine interessante Abwechslung, aber wollt ihr das wirklich tun?
„Sicherlich NICHT!“
Ein empörtes Fauchen aus Alyssas Richtung lenkt eure Aufmerksamkeit auf die Halbelfe, deren dunkle Haut selbst im schummerigen Licht der Kneipe sichtlich errötet ist, während sie das knappe Kostüm, welches euch überraschender Weise an die Uniform eines Hausmädchens erinnert, hoch hält.
„Niemals ziehe ich so was an! Wie komme ich dazu! Als ob ich etwas so … so … Frivoles jemals tragen- … äh, was denn?“
Kurz blinzelt Alyssa und stockt mitten in ihrer Tirade, als sie eurer mehr als eindeutigen Blicke gewahr wird. Einen Moment sieht sie euch nur weiter verwundert an, bevor sie langsam das Haupt senkt, ihre Augen über ihre aktuelle Kleidung schweifen lässt, die wie immer ihrem üblichen Stil entspricht, nur um dann noch mehr zu erröten, die Backen aufzuplustern und das Kinn hochzurecken.
„Na-na-na gut. Fein. BITTE, dann zieh ich das eben an! Schön. Aber wehe ich höre dann auch nur ein dummes Wort!“
Zornig vor sich hin grummelnd verschwindet sie in einem Raum hinter der Theke, gefolgt von Irina, die ihr Bündel mit einem breiten Grinsen entgegen genommen hat und euch noch einmal vergnügt zuwinkt.
„Alles klar“, lässt sich dann wieder Gottfried vernehmen, “nachdem wir das nun geklärt hätten, machen wir uns an die Arbeit!“
Aus verschmierten Fenstern könnt ihr vage die ersten Strahlen der Sonne erkennen, als die letzten Gäste die Kneipe verlassen. Erschöpft lasst ihr euch auf Stühle fallen und seht euch tief durchatmend um, durchdrungen von einem Gefühl des Triumphs, wie ihr es sonst nur selten gefühlt habt.
Auch wenn ihr zu Beginn noch kurz die eine oder andere Ohrfeige austeilen musstet, so war doch der Rest des Abends ein voller Erfolg. Das Essen wurde begeistert aufgenommen und die Kunststückchen und musikalischen Einlagen kamen ebenso gut an, wie das eine oder andere Spezialgebräu, das ihr heimlich unter der Theke gemischt habt. Auch Irina und Alyssa haben ihre Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit der Gäste erfüllt, wenngleich so mancher Kerasi nach diesem Abend seine Nase wohl von einem Medicus untersuchen lassen muss, da vor allem die Halbelfe auch mit den Bierkrügen ausgeteilt hat.
„Das war eine tolle Leistung“, lässt sich dann Gottfried vernehmen, der sich zufrieden eine Pfeife ansteckt und sich zu euch setzt.
„Wisst ihr, die Kleine da, die hat hier schon jede Menge Ärger angestellt, also war’s an der Zeit, dass sie auch mal was für mich tut“.
Bei diesen Worten deutet er vage in Richtung der Halbelfe, die mit Irina dösend auf einer Bank liegt und zum ersten Mal seit ihr sie wieder getroffen habt einen friedlichen Eindruck hinterlässt.
„Euch allerdings“, fährt der Wirt dann fort, „euch muss ich aus ganzem Herzen danken. Hätte nicht gedacht, dass ihr das wirklich macht. ’S ist fast so, als ob ihr schon mal meine Kneipe auseinander genommen habt und nun dafür gerade stehen wolltet.“
Laut lacht Gottfried bei diesen Worten auf, nur um dann kurz zu stutzen und euch wieder anzusehen.
„Moment … habt ihr?“
Bevor ihr jedoch etwas sagen könnt hat er bereits abgewunken und erhebt sich dann wieder.
„Egal, selbst wenn das der Fall wäre, so ist das hiermit vergessen. Schönen Tag wünsch ich euch noch, ich hau’ mich nun auf’s Ohr. Ach ja, falls ihr jemals ins Gastgewerbe einsteigen wollt, dann kommt in jedem Fall zu mir.“
Euch noch einmal zuwinkend verschwindet der Wirt dann über eine Treppe ins Obergeschoß, euch allein im Schankraum zurücklassend. Langsam macht sich nun auch bei euch die Müdigkeit bemerkbar und ihr beschließt nun erst einmal ein gutes Bett zu finden, bevor ihr irgendetwas anderes unternehmt.