Schläfrig sammelt ihr eure Habseligkeiten zusammen, räumt noch ein wenig im Schankraum auf und beschließt dann nach einer kurzen Debatte, dass ihre eure beiden Begleiterinnen hier nicht einfach so liegen lassen könnt. Noch während ihr euch überlegt, ob ihr Irina und Alyssa vorsichtig aufwecken, oder schlicht und ergreifend packen und mit euch ziehen wollt, fällt euch langsam auf, wie ungewöhnlich das Verhalten der Halbelfe am letzten Tag war. Zwar sprüht die junge Frau in Gegenwart Valkens stets voll Temperament, doch der überaus kurze Geduldsfaden und das sprunghafte Verhalten euch gegenüber hat euch eine neue Seite an ihr präsentiert. Entweder wird Alyssa im Moment von ungewohntem Stress geplagt, oder aber Valken stellt für gewöhnlich ein Gegengewicht für sie da, welches ihr nun abhanden gekommen ist, weshalb nun ihr in den zweifelhaften Genuss ihrer Launen kommt. Letztendlich schiebt ihr aber diese Überlegungen beiseite und rüttelt die Beiden einfach sanft wach, die dies mit einem Grummeln quittieren, euch dann aber fast schon gehorsam hinterher trotten, als ihr Gottfrieds Kneipe verlasst.
Das Wetter an diesem Tag lässt einen kommenden frostigen Winter erahnen, denn auch wenn die Sonne strahlend an einem klaren Himmel steht, so sind die Temperaturen im Vergleich zum Vortag deutlich niedriger. Alyssa und Irina, die immer noch in den Kostümen der Nacht stecken, fröstelt es auch sogleich sichtlich und ihr überlegt euch gerade, in welcher Richtung das nächste Gasthaus liegt, als ihr ein Räuspern hinter euch vernehmen könnt. Matt wendet ihr euch mit mäßigem Interesse um, nur um einer Gruppe junger Leute gewahr zu werden, die euch auf seltsame Art und Weise ansehen. Es dauert einen Moment bis euch auffällt, dass ihr es hier mit einer bunten Mischung aller möglicher Völker Ezantohs zu tun habt, da ihr mindestens je einen Vertreter der Elfen, Zwerge und wohl auch einen Dinturan und Rashani sehen könnt. Überraschender und gleichsam unbehaglicher erscheint jedoch die Tatsache, dass es sich bei dem ungewöhnlichen Ausdruck in ihren Gesichtern um zweierlei handelt – Ehrfurcht und feste Entschlossenheit. Schließlich tritt ein hochgewachsener, junger Mann vor, räuspert sich erneut und richtet dann das Wort an euch.
„Verzeiht … dies mag euch ein wenig … ungewöhnlich erscheinen, doch ihr seid die Helden des letzten Kargash Kriegs und die Herrschaften, die vor Kurzem mit Schätzen aus den dunklen Landen zurückgekehrt sind, nachdem sie dort die Schrecken der Vergangenheit bezwungen haben … nicht wahr?“
Für euch klingt jetzt vielleicht der letzte Teil ein wenig übertrieben, doch seid ihr gerade zu müde, um euch hier auf ein klärendes Wortgefecht einzulassen, also nickt ihr stumm und bedeutet dem jungen Mann weiter zu machen. Dieser nickt daraufhin knapp, sieht kurz zu seinen Gefährten im Hintergrund, die ihm aufmunternde Blicken schenken und fährt dann schließlich fort.
„Das … haben wir uns gedacht, ihr müsst wissen, es gibt sehr viele Geschichten über euch und nun ja … es kursieren auch einige Bilder und ihr habt diesen Darstellungen im Grunde entsprochen. Ihr wundert euch wahrscheinlich, wieso wir euch hier nun treffen … nun … wisst ihr, wir sind … nun … wie drücke ich das euch … also, wir … sind euch gefolgt … in … letzter Zeit.“
Irgendetwas an der Art des Jungen gefällt euch nicht und so langsam spürt ihr, dass sich diese Erzählung in eine Richtung entwickelt, die euch bald noch weitaus weniger gefallen wird. Sorgsam drückt ihr eine quengelnde Irina hinter euch, die euch daraufhin nur missmutig ansieht und sich gähnend an Alyssa klammert, bevor ihr euch ein wenig streckt und den Mann abwartend, jedoch auch deutlich ungeduldig anseht.
„Nun … also“, setzt er dann wieder an, nur um von dem Dinturan hinter ihm dann mit einem Knurren zur Seite geschoben zu werden. Der Hüne sieht euch mit festem Blick an, klatscht dann in die Hände und zeigt mit einem Finger auf euch, bevor er selbst mit tiefer Stimme zu sprechen beginnt.
„Mein kleiner Freund hier braucht zu lang, ich mach es kurz. Wir sind Abenteurer … wir ihr. Wir sind gut. Sehr gut. Doch man spricht nicht von uns. Man spricht nur von euch. Das ist nicht gut. Wir müssen das klären. Wenn wir euch besiegen, spricht man nicht mehr von euch. Sondern nur noch von uns. Das ist nicht gut, das ist besser.“
Im ersten Moment wollt ihr euren Ohren nicht trauen, doch als auf der gegenüberliegenden Seite die ersten Waffen gezogen werden, wird euch klar, dass es sich hier nicht um einen Scherz handelt.
„Bitte, bitte versteht das nicht falsch“, spricht nun der junge Mann noch einmal hastig, während er selbst zu einem Rapier an seiner Hüfte greift, „wir wollen euch nicht ans Leben, wir nun … also, wir müssen einfach beweisen, dass wir es auch wert sind, dass man Geschichten über uns erzählt. Wir werden euch nicht … nun ja … vielleicht schon … ein bisschen weh tun, aber wir kümmern uns dann um euch, versprochen …“
Ihr habt gerade eine aufreibende Nacht und massig Alkohol hinter euch gebracht und das, nachdem ihr am Vortag ein gewaltiges Elementar davon abhalten musstet Rabenfurth zu vernichten, geschweige denn den kleinen Zwischenfall mit dem Hexenjäger und seinen Lakaien zu vergessen. Nun, nachdem euch nicht einmal ein kurzer Moment der Ruhe gegönnt war, steht euch eine Bande Glücksritter gegenüber, die ihren Ruhm auf Kosten des Euren mehren will. Einen Augenblick lang fragen sich so manche von euch, ob dies der Preis für ein erfolgreiches Heldenleben sein soll, doch sind solche Gedanken im Moment unangebracht. Noch einmal ein herzhaftes Gähnen so gut es geht unterdrückend greift ihr an eure Waffen und stellt euch euren „Bewunderern“, um diese Sache hinter und euch einem warmen Bett näher zu bringen.
Trotz eurer Müdigkeit und den Strapazen des gestrigen Tages ist die Sache schneller vorüber als ihr gedacht habt und es euren Möchtegern-Bezwingern lieb ist. Ihr habt euch am Ende so gut es ging zurück gehalten, da auch ihr hier niemanden ernsthaft verletzen wolltet und so sind alle von ihnen in der Lage, die Straße vor Gottfrieds Kneipe selbst zu verlassen, nicht jedoch ohne einige bewundernde und gleichzeitig schmerzerfüllte Laute von sich zu geben.
„Na … habt ihr nun genug gespielt, können wir nun gehen, mh?“
Eine murrende Stimme wird hinter euch laut und seufzend dreht ihr euch um, wo euch Alyssa mit müden Augen entgegen starrt. Irina steht halb an sie gelehnt an ihrer Seite und nickt schwach, fast schon anklagend auf euch zeigend.
„Ja, genau … ihr habt Irina aufgescheucht und nun verhaut ihr da ein paar arme kleine Wichte … die hatten doch gar keine Chance gegen euch … das war wirklich fies. Können wir uns nun wieder schlafen legen?“
Euch wird rasch klar, dass es hier keinen Sinn macht sich zu rechtfertigen und so belasst ihr es bei den Beschwerden der jungen Frau und macht euch letztendlich in eine zufällige Richtung auf, nur um dann erneut auf ein Murren Alyssas aufmerksam zu werden.
„Hey … was macht ihr da … zu Valkens Anwesen geht’s dort lang.“
Valkens Anwesen? Mit gespitzten Ohren wendet ihr euch wieder der Halbelfe zu, die gähnend in die andere Richtung zeigt, nur um dann endlich verstehend zu nicken. Ihr hattet ganz vergessen dass der junge Mann ein großes Haus in Rabenfurth hatte und es erscheint nur logisch, dass Alyssa über einen Schlüssel verfügt. Die Aussicht auf die sicherlich überaus weichen Matratzen in den feinen Betten eines Taveloran Anwesens hauchen neues Leben in eure müden Knochen und so schnappt ihr euch die beiden jungen Frauen und macht euch auf schnellstem Wege dorthin auf.